Dazwischengeredet – Wie der Wirt die Sprache der Bakterien verändert

In der Medizin zeichnet sich immer deutlicher eine Veränderung der Sichtweise ab …

In der Medizin zeichnet sich immer deutlicher eine Veränderung der Sichtweise ab: Menschen gelten nicht mehr als in sich abgeschlossene Individuen, sondern als hochkomplexe und voneinander abhängige Gemeinschaften aus Wirt und Mikroorganismen, also Metaorganismen. Diese sensiblen Beziehungen zwischen Wirt und Mikroorganismen sind anfällig für Störungen von außen, wie z. B. durch Medikamente oder falsche Ernährung. Wiederholte Störungen können einen Kollaps der gesamten Beziehungen verursachen, was wiederum zu Krankheiten, wie chronischen Entzündungen oder Fettleibigkeit, führen kann. Um diese Krankheiten besser verstehen und behandeln zu können, ist es wichtig zu lernen, wie das Zusammenspiel der verschiedenen Partner gesteuert wird und wie die verschiedenen Partner miteinander kommunizieren. In den vergangenen Jahren konnten wir am Beispiel des Süßwasserpolypen Hydra zeigen, dass Wirte in der Lage sind, die Zusammensetzung ihrer bakteriellen Gemeinschaft zu steuern. Dazu setzt der Wirt antibakterielle Substanzen ein, die ungewollte und schädliche Bakterien abhalten, gleichzeitig aber die Besiedlung mit gutartigen Bakterien zulassen. Diese Bakterien sind dann wiederum in der Lage, als Wächter den kompletten Metaorganismus gegen Infektionen zu verteidigen. Aktuell haben wir uns der Frage gewidmet, ob ein Wirt nicht nur die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft steuern kann, sondern auch in der Lage ist, das Verhalten von Bakterien zu beeinflussen. Dazu muss man wissen, dass Bakterien ab einer bestimmten Dichte als Team agieren und gemeinsam verschiedene Aufgaben, wie die Produktion von biologischem Licht oder Giften, erfüllen können. Für die Koordination dieser Aufgaben verständigen Bakterien sich durch „Quorum Sensing“, ihre eigene Art der Kommunikation. Jedes Bakterium stellt dafür Signalmoleküle her, die es dann an die Umgebung abgibt. Sind viele Bakterien in derselben Umgebung anwesend, steigt die Konzentration dieser Signalmoleküle an. Ab einer bestimmten Konzentration werden diese Signalmoleküle über Rezeptoren von den Bakterien wahrgenommen, die dann gemeinsam die gleichen Funktionen in ihren Zellen ausführen. Durch unsere Experimente konnten wir jetzt zeigen, dass der Wirt das Verhalten seiner Bakterien beeinflussen kann, indem er sich in die Kommunikation seiner Bakterien einmischt. Er ist in der Lage, die Signalmoleküle der Bakterien zu modifizieren und damit die Information, die sich die Bakterien senden, zu verändern. Diese Modifikation hat Folgen für die Bakterien: zum Beispiel schränken die Bakterien sich in ihrer Beweglichkeit ein und verändern ihren Stoffwechsel. Auf diese Weise erhöht sich die Anzahl der Bakterien auf dem Wirt, die dann in der Lage sind, den Metaorganismus erfolgreich gegen Infektionskrankheiten zu verteidigen. Dieses neue Wissen kann in Zukunft helfen, mögliche Störungen in der Kommunikation zwischen dem Menschen und seinen Bakterien im Krankheitsfall zu erkennen und durch die richtige Behandlung wiederherzustellen. Wirte können die Zusammensetzung ihrer bakteriellen Gemeinschaft steuern und das Verhalten ihrer Bakterien beeinflussen.